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Über Empörung, Unterbürg und unbequeme Wahrheiten


"Man hört nur, was man hören will"


„Die haben gesagt, das machen sie für die Kinder!“ –
„Und für die Alten!“ –
„Ja, das ist doch Erpressung!“
„So billig kann man uns nicht ködern!“


Die Stimmen sind laut. Die Fronten verhärtet. Die Emotionen? Hochgekocht. Willkommen in der Debatte rund um Unterbürg. Ein Projekt, das nicht nur baulich, sondern vor allem gesellschaftlich für Aufruhr sorgt. Und mittendrin: wir alle.


Ich habe mich lange gefragt, was mich an der Diskussion so ratlos zurücklässt. Es ist nicht das Projekt an sich (darüber kann man sicher streiten). Es ist auch nicht die Wut (die verstehe ich sogar in Teilen). Es ist diese völlige Unfähigkeit – oder vielleicht auch Unwilligkeit? – einander zuzuhören. 


Denn – Hand aufs Herz – wir alle hören doch nur, was wir hören wollen, oder? Wenn man gegen das Projekt ist, dann ist jedes Argument dafür ein billiger Trick. Wenn man dafür ist, dann sind alle Kritiker einfach Nörgler oder Fortschrittsverweigerer. Und dazwischen? Wenig Raum. Wenig Grauzonen. Noch weniger Verständnis.


Der Trick mit den „guten“ Gründen

Ja, ich habe auch geschluckt, als ich das erste Mal hörte: „Das Projekt ist für die Durchführung des Generationenhauses wichtig.“ - Klar, das klingt im ersten Moment ein bisschen wie: Wenn du dagegen bist, bist du gegen Omas und Kleinkinder.  - Und wer will das schon sein?

Aber halt – nur weil ein Argument emotional aufgeladen ist, ist es automatisch falsch?

Ist es automatisch manipulativ? Oder dürfen wir auch anerkennen, dass es durchaus auch berechtigte Anliegen hinter solchen Aussagen geben könnte?


Ich finde: Man darf beides denken. Man darf skeptisch sein. Und man darf trotzdem sagen:

„Na gut, ganz von der Hand zu weisen ist das vielleicht nicht, das Haus gibt's ja nicht umsonst.“ Aber dafür müsste man eben über den eigenen Tellerrand schauen. Sich einlassen auf Argumente, die nicht sofort ins eigene Weltbild passen.


Und genau da hakt es.

 

Wahrheiten nach Maß

Wir alle basteln uns unsere Wahrheiten so, dass sie uns gut stehen. Wie ein bequemer Pulli, der uns wärmt – und manchmal ein bisschen blind macht für das, was draußen passiert.


Niemand zahlt gerne mehr. Für Müll, Wasser, Kanal, Grund und Boden. Ich auch nicht. Gleichzeitig aber wollen wir Spielplätze, Skikurse für die Kids, ein Schwimmbad, Kinderbetreuung, Betreuungsplätze für die Alten ... und am besten alles gleich und gratis. Wer soll das zahlen?


Eine Gemeinde ist keine Zauberfee. Einnahmen entstehen nicht durch Wimpernschläge. Und auch wenn ich ganz sicher kein Finanzexperte bin – mir ist klar: Geld fällt nicht vom Himmel. Und wenn es irgendwo reinkommen soll, muss es auch irgendwo rauskommen ...

Aber wehe, jemand sagt das laut.

Dann ist man sofort ein Lobbyist. Oder gekauft. Oder naiv. Oder irgendwas anderes, das einen diskreditiert.


Können wir wieder lernen, zuzuhören?

Ich glaube, wir brauchen kein besseres Projekt. Wir brauchen ein besseres Gespräch. Eins, in dem man auch mal sagen darf:
„Du, ich versteh deine Sorge. Aber schau,
so hab ich das gemeint.“
Oder:
„Ich seh’s anders – aber ich hör dir zu.“


Ein Gespräch, das nicht immer gleich Empörung bedeutet.

Eins, in dem nicht jedes Argument für oder gegen etwas sofort moralisch aufgeladen wird.


Denn ja, ich wünsche mir eine Gemeinde, die vorausschauend denkt. Die investiert. Die auch mal unpopuläre Wege geht, um langfristig lebenswert zu bleiben. Und gleichzeitig wünsche ich mir eine Bevölkerung, die nicht bei jedem Projekt reflexartig dagegen ruft, sondern bereit ist, differenziert zu diskutieren.

Und wenn dabei rauskommt, dass etwas nicht gebaut wird – fein. Aber dann bitte reflektiert(er) betrachtet und nicht, weil wir nur das hören wollten, was uns gerade ins eigene Argument passt.



Noch ein letzter Gedanke…

Wenn wir schon Opfer bringen müssen (und die bringen wir, ob wir wollen oder nicht), dann sollten wir wenigstens ehrlich miteinander sein, wofür.

Und vielleicht ein bisschen milder in unserem Urteil.

Denn wie sagt man so schön:
Wer schreit, hört nichts mehr.



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